Gloomaar Festival 2019

Dieses Jahr waren die ausgehängten Plakate des Gloomaar-Festivals ungefähr so schlecht zu lesen wie meine Bandlogos im Text. Matt-Rosa, Matt-Lila und Dunkelgrün sehen im Netz schön aus, aber sind an der Straße so kaum zu entziffern, wenn blass gedruckt.

Neu in der Halle ist der Bereich hinter den Merchandise-Ständen, der für müde Progger zum Ausruhen und Quatschen reserviert ist. Back-to-smoke-Burger sind wieder abgreifbar, aber alptraumhaft um 50 cent verteuertes Bit wird nun von planlosen Eingießern serviert. Nein danke! Die coolen Gerstensaft-Alternativen vom Vorjahr sind leider gestorben.

Bands (und Zuhörer) leiden gerade am Anfang wieder unter unsachgemäß eingestelltem Sound und ungewollten Geräuschen. Ab der dritten Gruppe wird es immerhin besser. Zusätzlich gibt es eine toll variabel einstellbare Beleuchtung, die dich allerdings ordentlich blitzdingst, wenn du genau im Lichtkegel stehst.

16:00 Uhr: Jetzt wohne ich schon so nah und komme trotzdem paar Minuten zu spät zu Noorvik aus Köln. Kein Problem, denn die Postrocker sind natürlich noch immer in Lied eins. Am Besten klingen die Jungs für meinen Geschmack, wenn sie richtig derb losschreddern - Passiert leider nicht so oft. Dann weht ne Brise Black Metal durchs Gehör. Ansonsten ne typisch gediegene Gruppe, um den Nachmittag des Gloomaar einzuläuten.

16:55 Uhr: There's a light sind aus Lahr im Schwarzwald hergekommen und haben bisher ein Album veröffentlicht ("A Long Lost Silence"). Bassist Andreas Richau greift sogar gelegentlich zum Mikrofon. Es gibt also tatsächlich einen Vokalisten. Die gespielten Titel sind sehr soft und bewegen sich in einem vertraut wirkenden melodischem Auf und Ab. Hier und da geht's etwas vorwärts ("Far north"), dann gefällt's mir mehr. Insgesamt fehlt es noch an Abwechslung und Eigenständigkeit, aber das wird.

17:50 Uhr: Erstes größeres Schmankerl sind Midas Fall aus Edinburgh in Schottland. Die zwei Herren und zwei Damen haben ein Riesen-Repertoir und zocken druckvoller als erwartet. Hat etwas von Tori Amos, die mit Portishead melodischen Metal spielt. Besonders die Mädels an den Gitarren sind auf der Bühne mit viel Engagement am Werk. Heimlicher Herrscher im Hintergrund ist jedoch der Schlagzeuger. Elektronische Geräusche dienen als Tempomacher und kommen leider aus der Konserve. Obwohl Musik mit Fokus auf theatralischen, weiblichen Gesang nicht unbedingt dieses Publikum anzieht, kann jeder die Qualität anerkennen, mit der hier sehr professionell performt wird.

Bands
Noorvik
There's a light
Midas Fall
Somali Yacht Club
Stoned Jesus
Monkey3
Alcest
Kokomo

Gloomaar Festival

16. November 2019 Gebläsehalle Neunkirchen - Alternative

18:55 Uhr: Leider habe ich vergessen, von Somali Yacht Club aus Lemberg in der Ukraine ein Bild zu knipsen. Daher hier ihr eigenes Foto. Die Wüste lebt ganz gehörig bei ihren satt verstimmten Klampfen. Im Vergleich zu ihren Landsmännern danach sind die Titel verträumter und ausufernder. Klar erkennbar, dass hier ein Haufen Routine und Bewußtsein für die Zuhörerschaft vorhanden ist. Sänger Mezk Erei beweist stimmliches Können, spielt gleichzeitig die Leadgitarre und wendet sich symphatisch ans Publikum.

20:00 Uhr: Stoned Jesus aus Kiew rütteln nun das Publikum mit launigerem Hard Rock auf. Na klar sind Klänge mit starker Black-Sabbath-Tendenz etwas für die Krautraucher. Sänger und Gitarrist Ihor hat die Hörer im Griff, Bassist Serhij wird von Groupies umschwärmt und Schlagwerker Wiktor legt aus dem Hintergrund das Tempo fest. Auch geeignet für Kyuss oder Kadavar-Fans.

21:15 Uhr: Eingesprungen für My Sleeping Karma (Krankheitsfall) locken die Herren aus Lausanne einige Schweizer Fans aus der Ferne bis zum Hüttenareal. Noch immer ohne Sänger beweist man zünftig Mitreißer-Fähigkeiten auch nur mit freundlichem Lächeln und spacigen Sounds inklusive verwirrender Kringel, Wirbel und Nebel im Hintergrund. Die Herren an Bass und Keyboard sind mit ihren E-Zigaretten genießerisch am Dauerqualmen und für die versammelten Zuhörer ist Monkey3 ideal geeignet.

22:40 Uhr: Nach dem ersten Gloomaar hatte ich mir Alcest gewünscht. Damals war das noch etwas vermessen. Zwei Jahre später hat's tatsächlich geklappt mit den prominenten Post-Black-Metallern aus Paris, die ihre neue Platte "Spiritual Instinct" dieses Jahr veröffentlicht haben. Im Gegensatz zu den meisten anderen Bands heute Abend rollen sie einen dichten Teppich aus Melodien und mehrstimmigem Gesang aus, überlagert mit progressiver Rhythmik. Die Black-Metal-Ursprünge schimmern hier und da noch durch. Die Knaller vom Album "Les Voyages de l'Âme" (z.B. "Autre Temps") sind obendrein etwas, was nicht jede Gruppe vorzuweisen hat und machen die Großmeister unsterblich. Sicherlich die beste Band, die bisher da war.

00:25 Uhr: Als Akt spät in der Nacht fungiert dieses Mal Kokomo aus Duisburg. Bis 1 Uhr gibt's also was für die Shoegazer. Ich geb mir zwar das ganze Konzert noch, aber ich verstehe überhaupt nicht die Begeisterung der verbliebenen Leute. Die Faszination dieser monotonen Klänge bleibt mir komplett verborgen.