Everybody´s gone to the rapture
Entwickler: The Chinese Room (Brighton, England)
Vertrieb: Sony Santa Monica (USA)
Genre: Adventure
Veröffentlichung: August 2015
Playstation 4, PC ab April 2016
Spielmodi: Einzelspieler
Was bedeuted Everybody´s gone to the rapture?
Jeder ist der Entrückung anheim gefallen? Ist ja krass. In diesem Abenteuer, das man aus der Ich-Perspektive erlebt, durchstreift man den fiktiven englischen Ort Yaughton im Jahr 1984. Aber etwas stimmt nicht: Niemand ist mehr da! Was ist passiert? Das neugierige Herumstöbern in der idyllischen Ortschaft enthüllt ein katastrophales "Primär"-Ereignis.
Pompöös Mysteriöös: Blut auf dem C64!
Wer hat den topmodernen Commodore versaut? Hinweise deuten auf ein Virus hin, das Nasenbluten verursacht. Oder ist es schlimmer? Geisterhafte Schemen schweben durch die Luft und scheinen vergangene Erlebnisse der Dorfbewohner wiederzugeben. Ja spinn ich denn?
Atmosphäre, Grafik und Sound
Original 1984er Ford Cortina, Austin-Kleinwagen oder Ford-Bus, Rubiks Würfel, Kassetten-Walkman... die zeitgemäße Umgebung stimmt schon mal. Die Optik ist bombastisch. Kein Wunder, denn die sehenswerte CryEngine wird genutzt und man bekommt wehende Baumwipfel, glucksende Bäche und herumfliegende Blätter zu Augen. Erfolgreich in Urlaubs-Stimmung versetzt entspannt das gediegene Herumlatschen enorm. Aber: Nicht überall ist ein Durchkommen und man läuft gerne mal unnötig in die falsche Richtung. Die Musik wechselt zwischen angenehmen Ambient-Geräuschen und tollen Chorälen. Da gibt´s nix zu meckern.
Kritikpunkte
Strenggenommen ist Everybody´s gone to the rapture kein Spiel, sondern ein Erlebnis. Man spaziert umher, hört Radiosignale und Telefongespräche (aus der Vergangenheit?) und öffnet mal eine Tür. Das wars. Ein bißchen wenig. Aber irgendwie auch schön, denn der Hauptreiz des Erkundens vom Unbekannten bleibt ja. Zuletzt wird das mysteriöse Geschehen nicht glasklar aufgeklärt, sondern bleibt unbefriedigend nebulös.
Gag nebenbei
Die kleinen Spielziele (Achievements), die man aus neueren Spielen kennt, scheint es auch hier zu geben. Wenn man sich die durchliest, stellt man fest, dass sich Chinese Room hier einen Scherz erlaubt hat. Es gibt sie nicht wirklich, weil sie keinen Sinn ergeben würden für so eine Art "Spiel". Eins lautet zum Beispiel: "Die Macht der Interaktivität im Nichtstun entdeckt."
Soundtrack
(den gibt es sogar auf Vinyl-Schallplatte!)
Komponiert von Jessica Curry
 
Mit Sopransänger Elin Monahan Thomas

Kirche des Bizeps? Die Stemmgarage für Eisenjünger

Detailreichtum kann man der Umgebung nicht absprechen. Sie erzählt viel über die vergangenen Ereignisse, aber es bleibt bis zuletzt ziemlich geheimnisvoll. Episoden beleuchten jeweils einen Dorfbewohner nach dem anderen und man lernt sie richtig gut kennen. Die Synchro ist auf Englisch top, auf deutsch eigentlich auch, nur dass die guten deutschen Sprecher nicht immer die Stimmung exakt treffen. Untertitel lassen sich einblenden.
Dem Philospoph ist das nicht zu doof
Fängt man an über die ungewöhnlich dargebrachte Handlung nachzugrübeln, offenbaren sich interessante Erzählebenen. Die religiöse Dorfbevölkerung glaubt an die namensgebende Entrückung aus dem Bibelzitat, während die Wissenschaftler andere Gründe für die katastrophalen Ereignisse auszumachen glauben. Das meint man zumindest aus den Erinnerungs-Schnipseln heraushören zu können. Die für die Zeit typische Weltuntergangs-Stimmung schwingt auch mit.
Ich wünschte ich würde mich für Tennis interessieren
Wer möchte, dass ich Everybody´s gone to the rapture ringsum empfehle, der wird leider enttäuscht. Vielmehr als ein Spiel handelt es sich um ein dem Vorgänger Dear Esther ähnelnden Experiment mit unaufdringlichen Erkundungs-Reizen in einer relativ freien Welt zum Lustwandeln. Wem so etwas gefällt, bekommt so einen entspannenden Augenschmaus. Doch wer handeln und mit den geilen 80er-Kutschen fahren möchte, der soll die Finger besser woanders dranpacken.
Wirt, gib mal Lokalrunde! Heute wird´s billig