Schnapsunmetal

Football Manager 2019

Sport | Management-Simulation

Der Traum aller fußballverrückten Taktiker ist zurück.

Wie alles losging

Als 1992 das erste Mal etwas vom Championship Manager in einem Computerspiel-Magazin stand, war ich schon fasziniert. Eine komplizierte Simulation der Ballsportart? Für Spieler vom Festland viel zu trocken und spröde, aber schon damals extrem tiefgründig. Lange blieben die Manager hierzulande bei Soccer Games, Bundesliga Manager, Anstoss und später dem Fußball Manager von Bright Future und EA hängen. Die stete Aufholjagd des nun in Football Manager umbenannten Spiels überzeugt nun seit 2007 immer mehr Taktikfreunde. Seit 2012 bin ich mangels ernsthafter Alternativen auch beim britischen Manager gelandet. Die aktuelle Version erscheint übrigens aus Lizenzgründen zum ersten Mal offiziell in Deutschland.

Feiner Anzug, Regenjacke oder Jogging-Kluft?

Nebensächlich aber witzig: Zunächst erstellst du einen Herrn oder eine Dame für die Seitenlinie. Inklusive eigenem Portrait für die 3D-Figur! Körpermaße und Kleidung spielen zwar keine Rolle, aber die vergeben Fußballkenntnisse und Trainerlizenzen schon. Warst du selbst Hobbykicker oder Fußballstar? Welchen Trainerschein hast du? Bist du ein Motivator, ein Fitnessguru, Taktikfuchs oder ein disziplinvernarrter Quälix? Wie bei einem Rollenspiel verteilst du Werte zwischen 1 und 20, die sich im Lauf der Karriere steigern können. Du darfst auswählen, ob du einen Verein oder einen Landesverband (oder beides) managst. Auch der Gründung eines eigenen Vereins steht nix im Weg. Nintendo- und Tabletspieler bleibt die abgespeckte "Touch"-Variante des Managerspiels, welches die Desktop-Spieler auch auswählen können. Ich habe diese 2014 mit der Playstation-Vita-Version ausprobiert. Macht auf jeden Fall auch Laune trotz vieler gekürzter Funktionen. Vor allem für Gelegenheitszocker.

Jetzt neu mit Bundesliga und Arjen Robben

Die deutschen Ligen eins bis drei sind ab jetzt dabei. Vereinslogos der Drittligamannschaften fehlen zwar, lassen sich aber über die reichhaltigen Updates aus der Steam-Community oder von FMScout auffüllen. Darin findet man fast alles, was man wünscht. Spielerbilder, Trikots, Datenbanken, Benutzeroberflächen und Logos. Will man selbst etwas umstellen, erfordert es allerdings das Herunterladen des Editors für 5 €. Insgesamt gesehen ist das Spiel toll ins Deutsche übersetzt worden. Manche fremdsprachlichen Begriffe wie Box-to-Box, Enganche, Regista oder Catenaccio bleiben natürlich unverändert.

Zonenanalyse und Hitzekarte

Eins vorweg: Ich habe seit dem FM2015 zwischenzeitliche Neuerungen verpasst. Wie erwartet gibt es nicht die eine große Verbesserung, sondern viele Details. Zum einen ist da die Zonenanalyse (Bild oben), die einem mit den Farbtönen rot (schwach) bis grün (stark) zeigt, ob das eigene Team gegen den kommenden Gegner Vorteile hat. Gibt es eingespielte Pärchen oder ein magisches Dreieck? Bei der Spielanalyse ist auch die Hitzekarte nicht verkehrt (Bild unten). Sie zeigt Laufaufwand und bevorzugte Spielzonen.

Detailliertes Spielgeschehen

Die Dauer des Spiels ist nach wie vor anpassbar. Das komplette Match anzugucken lohnt sich höchstens bei einem Finalspiel. Dauert einfach zu lange. Aber die erweiterten Höhepunkte machen beispielsweise Sinn. Spielsituationen können mitunter haarig werden und das Eingreifen des Trainers erfordern. Im Bild unten hat sich Rechtsverteidiger Amin Nouri von Oslo in der Nachspielzeit hingesetzt. Ein Physio behandelt ihn kurz, aber es war nur ein Krampf. Zum Glück keine Verletzung! Das Auswechselkontingent war bereits erschöpft. Taktische Umstellungen und Zurufe sollten stets bedacht werden, denn sie können sich positiv oder negativ auswirken.

Den Gegner abchecken

Bedeutsam ist gegen wen man wo spielt. Daher versorgen einen Scout und Co-Trainer mit haufenweise Infos zur kommenden Partie. Die Schlüsselfiguren des 1. FC Nürnberg (Bild unten) deuten auf Defensivstärke hin. Erforscht man den Kontrahenten tiefgründiger, erfährt man wer verletzt, angeschlagen, müde oder gesperrt ist. Wie ist die gegnerische Moral? Gibt es Schwachstellen, die man ausnutzen kann? Sollte man den Trainingsfokus darauf anpassen?

Systeme: PC + Mac, "Touch"-Version für iOS, Android, Switch

Version gedaddelt: PC

Entwickler: Sports Interactive (London, Großbritannien)

Vertrieb: Sega (Tokio, Japan)

Genre: Sport | Management-Simulation

Veröffentlichung: November 2018

Spielmodi: Einzelspieler und Mulitplayer

Spielvarianten: Karriere, Eigenen Klub kreieren, Fantasy Draft, Vereins- und/oder Nationalteams

Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugisich, Polnisch, Dänisch, Niederländisch, Norwegisch, Tschechisch, Türkisch, Griechisch, Russisch, Koreanisch, Chinesisch

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Vor Anstoss

Im Vorfeld eines Spiels gibt es mehrere Etappen der Vorbereitung. Training, Mannschaftsbesprechung, möglicherweise Anreise und die Phase kurz vor der Partie. Wie der Gegner tatsächlich aufläuft, erfährt man wenige Minuten vor Anstoss. Dann kann man eine letzte Ansprache und spezifische Aufgaben formulieren. Auch die Journallie lungert manchmal noch in den Kabinengängen rum und will eine Stellungnahme hören. Dabei gibt's doch Pressekonferenzen.

Medizinbälle, Trainingsspiel oder Ausflug?

Der Co-Trainer plant stets ein Training vor. Das ist allerdings zuweilen Banane oder wird die Spieler nicht erfreuen. Also tüftelt man selbst an den Übungen, was ziemlich Spaß macht. Es wird prima erkärt, was der Aufenthalt im Kraftraum momentan bewirkt oder wie defensives Eckballtraining den Spielern nützt. Hat man viele Lauftiere im Team, freuen die sich über Sprintübungen. Sensible Ballvirtuosen bevorzugen womöglich Technikübungen. Gegebenenfalls bewirkt eine teambildende Maßnahme oder ein Fantreffen etwas Positives.

Grafik und Sound

Seit jeher Hauptkritikpunkt ist die Grafik. Es verbessert sich wenig und das sehr langsam. Die Spieler bewegen sich hölzern und sind bis auf Größe, Haar- und Hautfarbe nicht wiedererkennbar. Stadien ähneln mit etwas Phantasie den Originalen. Positiv fällt aber der Detailreichtum auf. Mäkelnde Spieler, Jubel, Motivieren im Mannschaftskreis, unterschiedliche Fans, Stadionumgebungen und Tageszeiten können gefallen. Auch erlauben die Spielszenen genaue Rückschlüsse auf Fehler, Schwachstellen und Stärken der Mannschaften. Die Geräuschkulisse ist während der Partie generisch mit einzelnen Anfeuerungsrufen, wenn die Mannschaft in Führung liegt. Im Menü gibt es keine Sounds und Musik fehlt. Gelegenheit für eigene Beschallung.

Kritikpunkte

Neben der mauen Grafik gibt es wenig Grund zur Kritik. Leider ist der Editor kostenpflichtig. Aus Lizengründen fehlt die japanische Liga. Die ersten drei J-Leagues lassen sich aber per Fan-Update einpflegen. Vissel Kobe mit Lukas Podolski und Andrés Iniesta sind dann verfügbar, aber es fehlen natürlich noch viele Spielerbilder aus Japan. Stand Januar 2019 ist nur Kobes Spieler Bunmathan abgebildet (Bild unten). Deutschlands Regional- und Oberligen sind ebenfalls von der Gemeinschaft bereitgestellt worden, allerdings bisher mit kleineren Problemen. Damen-Teams und -Wettbewerbe fehlen völlig. Insgesamt erfordert die Fußball-Simulation eine gewisse Einarbeitungszeit, ist aber schon viel komfortabler geworden. Viel lässt sich automatisieren und einstellen.

Was ist besonders gelungen?

	Wahnwitziger Realismus-Grad
	Menüs sind übersichtlich und selbsterklärend
	Medizinische Abteilung nun sinnvoll und hilfreich
	Komplexes soziales Mannschaftsgeflecht
	Bekannte Funktionäre, Betreuer und Scouts

Fazit: Als Wirtschaftssimulation und Fußball-Manager das beste Sportspiel des Jahres 2018

Gewiß richtet sich das Spiel an fußballverückte Spieler von Managerspielen. Für den Wald-und-Wiesen-FIFA-Zocker bietet es zu wenig Action und altbackene Visualisierung. Trotzdem ist es immer wieder verrückt wie schnell und wie tief man in seinem Verein versinkt. Denn jeder Klub oder Verband spielt sich extrem anders - je nach Land, Liga und jeweiligen Konkurrenten. Die Hereinnahme von News-Feeds und Sozialen Medien sorgt übrigens immer wieder für spaßige Momente. Als mir Hibernian den Publikumsliebling wegkaufen will, reagieren die Anhänger meines Klubs erschüttert. Umso mehr Grund ihn zu behalten!